Herausgabeanspruch ehemaliger Mitarbeiter: Müssen Planungsunterlagen und Bescheinigungen übergeben werden?
| Dr. Wolfgang Schindler (FA für Bau- und Architektenrecht) | News
LAG, Köln, Urteil vom 23.08.2023 – 11 Sa 27/23
Sachverhalt:
Ein Ingenieur (AN), spezialisiert auf den Brandschutz, verlangt nach wirksamer Kündigung von seinem früheren Arbeitgeber (AG) eine Bescheinigung über die verantwortliche Betreuung bestimmter Bauvorhaben und die Herausgabe von Planungskopien. Hintergrund ist, dass der AN diese Unterlagen für das Anerkennungsverfahren zum staatlich geprüften Sachverständigen für Brandschutz benötigt. Der AG verweigert die Herausgabe mit dem Argument, er wolle keine potenzielle Konkurrenztätigkeit seines ehemaligen Mitarbeiters fördern.
Urteil:
Zu Recht! Zwar sind AG und AN auch über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet. Dazu kann grundsätzlich auch die Erteilung von Auskünften über den ehemaligen Arbeitnehmer gehören. Allerdings ist stets eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Rechtspositionen vorzunehmen. Im vorliegenden Fall überwogen die Interessen des AG, da der AN auch ohne die streitgegenständlichen Unterlagen seiner beruflichen Tätigkeit im Brandschutzbereich weiterhin nachgehen konnte. Das Gericht stellte klar: Der Schutz des AG vor einer durch die Anerkennung des AN als Sachverständiger drohenden Wettbewerbssituation wiegt schwerer als das Interesse des AN an beruflicher Weiterentwicklung.
Praxistipp:
Die Entscheidung unterstreicht: Ansprüche ehemaliger Mitarbeiter auf Herausgabe dienstlicher Unterlagen sind nur in Ausnahmefällen durchsetzbar. Die Hürden für eine erfolgreiche Geltendmachung solcher Ansprüche sind hoch – insbesondere, weil die Darlegungs- und Beweislast beim ehemaligen Arbeitnehmer liegt. Der Schutz vor ungewolltem Know-how-Abfluss und der Erhalt der eigenen Marktposition haben bei der Abwägung ein beachtliches Gewicht.